Gesundheitsämter im Nationalsozialismus
Ausstellung und Veranstaltungen: 7.12.23 bis 31.01.24 Stadtbibliothek Erlangen
Die Ausstellung „Volk Gesundheit Staat“ über die Gesundheitsämter im Nationalsozialismus ist vom 7. Dezember 2023 bis 30. Januar 2024 in der Stadtbibliothek Erlangen zu sehen. Sie wird ergänzt durch ein umfangreiches Rahmenprogramm. Veranstalterin ist das ZSL Erlangen in Kooperation mit Stadtbibliothek, Stadtarchiv und gruppo diffuso.
In der Zeit des Nationalsozialismus spielten die Gesundheitsämter eine zentrale Rolle in der Gesundheitspolitik und wurden zu Schaltzentralen in der „Erb- und Rassenpflege“ ausgebaut, die die biologistischen bevölkerungspolitischen Vorstellungen und Zielsetzungen des Staates umsetzen sollten. Die Wanderausstellung wurde im Auftrag von BVÖGD und Bundesministerium für Gesundheit erarbeitet und präsentiert Tätigkeitsbereiche der Gesundheitsämter während des Nationalsozialismus am Beispiel der Länder Thüringen und Württemberg. Sie wird ergänzt um einen Einblick in den öffentlichen Gesundheitsdienst in Erlangen im 19. und 20. Jahrhundert.

Veranstaltungsprogrammflyer als pdf
Veranstaltungen dazu:
7. Dezember 2023, 19 Uhr, Stadtbibliothek, Bürger*innensaal, Marktplatz 1:
Vernissage, Eröffnungsvortrag von Dr. Astrid Ley (Gedenkstätte Sachsenhausen)
Das staatliche Gesundheitsamt im Nationalsozialismus:
Schaltzentrale der NS-„Erb- und Rassenpflege”
Mit der Neuordnung des öffentlichen Gesundheitswesens schufen die Nationalsozialisten 1935 die institutionelle Basis für ihr „Erb- und Rassenpflegeprogramm“. Auch in Erlangen entstand damals ein staatliches Gesundheitsamt. Der Vortrag stellt die Aufgaben der Amtsärzte in der sogenannten Erbgesundheitspflege mit besonderem Blick auf die Erlanger Einrichtung dar.
9. Januar 2024, 19 Uhr, Stadtbibliothek, Bürger*innensaal, Marktplatz 1:
Vortrag von Prof. Petra Fuchs (Expertin für Inclusion Studies) mit Übersetzung in Gebärdensprache
„Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen“ – Zur Kontinuität bioethischer Denkweisen und Praktiken aus der Perspektive Behinderung
Vor dem Hintergrund der NS-Medizinverbrechen an behinderten Menschen fragt der Vortrag nach dem heutigen Umgang der Gesellschaft mit Behinderung. Wo zeigen sich Prozesse der Selektion? Welche Bedeutung kommt Verfahren wie dem Bluttest auf Trisomie 21 (Down-Syndrom) zu, und welche Konsequenzen hat dessen Anerkennung als Kassenleistung? Mit welchen Folgen ist der medizinisch assistierte Suizid für behinderte, alte und demente Menschen verbunden?
16. Januar 2024, 19 Uhr vhs, Friedrichstraße 19, Historischer Saal:
Anmeldung über vhs-erlangen.de
Vortrag von Dorothea Rettig, M.A. (Stadtarchiv Erlangen)
Hinter hohen Anstaltsmauern verborgen: Die Heil- und Pflegeanstalt in ihrem städtischen Umfeld
Die Heil- und Pflegeanstalt Erlangen war während der Zeit des Nationalsozialismus zwar in vielen Bereichen wirtschaftlich autark aber zugleich eng in ihr städtisches Umfeld eingebunden. Voraussetzung für die Verbrechen an behinderten und psychisch kranken Menschen war ein Erlass Hitlers – aber auch ein engmaschiges Netz von Helfern außerhalb der Anstalten, die bereit- willig dazu beitrugen, diesen in die Tat umzusetzen. Der Vortrag wird die Verflechtungen der Heil- und Pflegeanstalt mit verschiedenen Akteuren und Institutionen in Erlangen herausarbeiten.
23. Januar 2024, 18 Uhr, vhs, Friedrichstraße 19, Großer Saal:
Anmeldung über vhs-erlangen.de
Nebel im August – Film und Gespräch
Süddeutschland Anfang der 1940er Jahre: Der 13-jährige Ernst Lossa ist der Sohn einer jenischen Familie, der als „nicht erziehbar“ gilt und in eine Nervenheilanstalt abgeschoben wird. Das auf der gleichnamigen Romanbiografie über Ernst Lossa (1929 – 1944) fußende Drama setzt eindrucksvoll den Glücksanspruch und den Widerstand des Protagonisten gegen die Verbrechen der Täter mit einer dramatischen Lichtführung ins Bild. Der Film vermittelt eindringlich, was passiert, wenn sich das Leben nach Kriterien der Nützlichkeit für eine Gesellschaft bestimmt.
28. Januar 2024, 11 Uhr, Stadtbibliothek, Bürger*innensaal, Marktplatz 1:
Gedenkveranstaltung der Stadt Erlangen
Anlässlich des Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust wird Prof. Michael von Cranach unter der Überschrift „Den Opfern einen Namen geben“ über seine Forschungsarbeit zur NS-„Euthanasie“ sprechen.
31. Januar 2024, 19 Uhr, Krankenhausstr. 12, Gebäude C, Kleiner Hörsaal der Frauenklinik:
Vortrag von Prof. Matthias W. Beckmann (Frauenklinik Erlangen) mit Übersetzung in Gebärdensprache
„Eine schwere Versündigung […] gegen die Grundgebote der Ethik“ – Zwangssterilisationen und Abtreibungen in der Frauenklinik im NS und ihr historischer Kontext
Zwischen 1933 und 1945 haben Ärzte der Frauenklinik an mindestens 513 Mädchen und Frauen Zwangssterilisationen durchgeführt, dabei 13 Schwangerschaften abgebrochen und daraus wissenschaftliches Kapital geschlagen. In den letzten beiden Kriegsjahren nahmen sie zudem in mindestens 136 Fällen ideologisch motivierte gesetzeswidrige Abtreibungen bei „Ostarbeiterinnen“ vor. Der Vortrag informiert über Hintergründe dieser Medizinverbrechen, ihre zögerliche Aufarbeitung und den beschämenden Umgang mit den Opfern bis in die Gegenwart.
Weitere Informationen: erlangen.de/gedenkort