Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg

Ausstellung und Veranstaltungsreihe in der Stadtbibliothek Erlangen
vom 13.9. bis 23.10.2012

„Unsere Opfer zählen nicht” – Millionen Menschen aus Afrika, Asien und Ozeanien haben im Zweiten Weltkrieg gekämpft. Soldaten aus den damaligen Kolonien wurden oftmals unfreiwillig rekrutiert, mussten sich mit weniger Sold, schlechteren Unterkünften und geringeren Kriegsrenten als ihre «weißen Kameraden» zufrieden geben. Hunderttausende Frauen waren Opfer sexueller Gewalt. Weite Teile der Dritten Welt dienten als Schlachtfelder und blieben nach Kriegsende verwüstet zurück.
So gravierend die Folgen des Zweiten Weltkriegs in der Dritten Welt auch waren, im vorherrschenden Geschichtsbild kommen sie nicht vor. Europa und Nordamerika stehen im Vordergrund, den ehemaligen Kolonien wird nur ein drittklassiger Platz zugestanden.
Die Ausstellung und das gleichnamige Buch nehmen eine andere Perspektive ein: Sie thematisieren die Rolle der Menschen in Asien, Afrika, Ozeanien und Südamerika während des Zweiten Weltkriegs, wie zum Beispiel deren Beiträge zur Befreiung vom Faschismus.
15 Jahre Forschungen und Reisen des Rheinischen JournalistInnenbüros sind die Grundlage dieser Ausstellung, die seit 2000 von dem gemeinnützigen Verein Recherche International e.V. getragen wird. Sie bietet umfangreiches Ton- und Bildmaterial, das die Menschen aus diesen Regionen selber zu Wort kommen lässt.

Webseite der Ausstellung: https://www.3www2.de

Fotos (v.l.) – alle von 3www2.de: Partisan der antijapanischen Guerilla auf der Insel Mindanao * Afrikanische Soldaten der britischen Streitkräfte beim Training  *  Chamorro­Frau von der Insel Guam 1944 nach der Befreiung von japanischer Besatzung * Kolonialsoldaten in deutscher Kriegsgefangenschaft * Kolonialsoldaten 1939 in einem französischen Schützengraben *

Veranstaltungen in Erlangen
Im Innenhof der Stadtbibliothek (falls nicht anders angegeben)

13.9. 17.00 Uhr Bürgersaal: Eröffnung der Ausstellung

19.9. 20.00 Uhr: „Comfort Women“
Multimediaveranstaltung mit der Menschenrechtsaktivistin Nataly Han und dem Fotografen Tsukasa Yajima. Han und Yajima präsentieren mit einer Videoinstallation Portäts und Lieder der „Trostfrauen“.
Nach dem Überfall auf China 1937 besetzte Japan weite Teile Asiens und der Pazifikregion. In diesen Ländern rekrutierten die japanischen Militärs ZwangsarbeiterInnen – darunter auch hunterttausende Frauen, die in Militärbordelle verschleppt, dort misshandelt und vergewaltigt wurden.

27.9. 20:00 Uhr: Nach dem Krieg war vor dem Krieg
Die Bedeutung und Folgen des Zweiten Weltkriegs in Asien – ein Überblick von Dr. Rainer Werning, Politik- und Sozialwissenschaftler und Autor mehrerer Bücher über die Geschichte, Politik und Kultur Koreas, der Philippinen und Indonesiens.

10.10. 20.00 Uhr: Ozeanien im Zweiten Weltkrieg und die Militarisierung der Pazifikregion in der Nachkriegszeit
Vortrag von Karl Rössel (Recherche International e.V.)

Wenn Ihr das nächste Mal kämpft, dann bitte nicht bei uns!“ Eine Bewohnerin der mikronesischen Inselgruppe Palau, wo im Zweiten Weltkrieg ein Drittel der einheimischen Bevölkerung umkam.
Der Krieg im Pazifik begann nicht mit dem japanischen Überfall auf die US-Flotte im Dezember 1941 in Pearl Harbour auf Hawaii, wie landläufig verbreitet, sondern bereits ein Jahr zuvor mit der Bombardierung der zentralpazifischen Insel Nauru durch ein deutsches Kriegsschiff. Danach wurde Ozeanien einer der zentralen Schauplätze im Zweiten Weltkrieg und Millionen BewohnerInnen der pazifischen Inseln waren davon betroffen.
Die Bewohner der Salomonen z.B. sahen sich im Zweiten Weltkrieg mit Hunderttausenden japanischen und alliierten Soldaten konfrontiert, die auf der abgelegenen Inselgruppe im Südpazifik „ihren Krieg“ ausfochten. Allein auf der Insel Guadalcanal war die Zahl der Gefallenen (30.000) doppelt so hoch wie die der einheimischen Bevölkerung (15.000). „Wir wateten förmlich im Blut der Japaner“, erinnert sich ein Augenzeuge.
Viele Insulaner mussten als Soldaten, Hilfs- und Zwangsarbeiter, Führer durch den Dschungel und Küstenwächter dienen. Mehr als 50.000 Einheimische waren allein in Papua Neuguinea im Einsatz, um Waffen und Munition an die Front zu schleppen und Verwundete aus der Kampfzone herauszuholen. Australische Soldaten nannten sie deshalb „Fuzzy Wuzzy Angels“, „krausköpfige Schutzengel“.
Inseln wie die „Neuen Hebriden“ und Neukaledonien dienten als gigantische Stützpunkte für eine Million alliierter Soldaten, die aus den USA über 10.000 Kilometer in den Südpazifik verschifft wurden.
Nach der Befreiung von japanischer Besatzung hofften die antikolonialen Bewegungen in Ozeanien auf ihre Unabhängigkeit von britischer, französischer und US-amerikanischer Kolonialherrschaft. Doch die alllierten Befreier erwiesen sich nach Kriegsende rasch als neue Besatzer, da sie die pazifischen Inseln als Militärbasen, Raketen- und Atomtestgelände nutzen wollten.

Der Vortrag erinnert mit Fotos und Originaltönen von ZeitzeugInnen an die bedeutende Rolle Ozeaniens im Zweiten Weltkrieg und die Militarisierung der Pazifikregion bis in die Gegenwart.

11.10. 15.00 – 18.00 Uhr Bürgersaal: Seminarveranstaltung Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg in Schule und in außerschulischer Bildungsarbeit.
Eine Veranstaltung für Lehrkräfte, LehramtsanwärterInnen und PädagogInnen. Kostenbeitrag: 15 Euro – mit Karl Rössel vom Rheinischen JournalistInnenbüro.

Dieses Seminar soll zum einen in die Geschichte der ehemals kolonisierten Staaten während des Zweiten Weltkriegs einführen. Zum anderen soll es Anstöße für die Bearbeitung und Vermittlung dieses Themas im Kontext von schulischem Unterricht und außerschulischer Bildungsarbeit mit jugendlichen und jungen Erwachsenen bieten. Karl Rössel wird in seiner Veranstaltung auch die entsprechenden Unterrichtsmaterialien vorstellen. Da die Plätze begrenzt sind, bitten wir um eine Voranmeldung:
schule [ad] feld22.de

11.10. 20.00 Uhr im Nachbarschaftshaus Gostenhof, Nürnberg:
Der Zweite Weltkrieg in Afrika und seine Folgen bis in die Gegenwart

Vortrag mit Fotos und Originaltönen von ZeitzeugInnen von Karl Rössel (Recherche International e.V.) – veranstaltet von Radio Z
In Afrika begann der Zweite Weltkrieg bereits 1935 mit dem italienischen Überfall auf Abessinien. Bis 1941 kämpften auf dem ostafrikanischen Kriegsschauplatz Soldaten aus drei Kontinenten und 17 Ländern (bzw. Kolonien). Insgesamt zogen fast eine Million afrikanische Soldaten unter britischem Kommando in den Zweiten Weltkrieg, eine weitere Million standen unter französischem Kommando zum Teil auf wechselnden Seiten der Front.
Hinzu kam die ökonomische Ausplünderung des Kontinents durch die kriegführenden Mächte, die in Afrika militärstrategisch wichtige Rohstoffe durch Hunderttausende ZwangsarbeiterInnen abbauen ließen. Die Folgen der auf Export ausgerichteten Kriegswirtschaft sind bis heute zu spüren.

18.10. 20:00 Uhr Innenhof Stadtbibliothek: Zwangsrekrutierungen in Afrika
120 000 «Tirailleurs sénégalais» wurden zwangsrekrutiert um Frankreich gegen das nationalsozialistische Deutschland zu verteidigen. 30 000 fielen auf den  europäischen Schlachtfeldern. Ihr Einsatz wurde nicht belohnt.
Zur Zeit leben im Senegal noch 60 Veteranen. Mit einigen von ihnen hat Dr.
Herzberger-Fofana bei mehreren Reisen in den Senegal gesprochen und ihre
Erinnerungen aufgezeichnet.
Dr. Pierrette Herzberger-Fofana (Stadträtin Grüne Liste) erzählt ihre Geschichten mit Fotos, Filmdokumenten und Interviews.

21.09., 5.10. und 19.10. jeweils 16:00 Uhr: Ausstellungsführungen
12.10.14.00 Uhr: Führung mit Karl Rössel (Mitinitiator der Ausstellung)

Flyer Ausstellung Veranstaltungen Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg

Flyer Außenseite – zum vergrößern anklicken

Plakat Ausstellung Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg ErlangenFlyer Innenseite Ausstellung Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg

 Plakat und Flyer zur Ausstellung und zum Rahmenprogramm (Vergrößern: anklicken)

Die Ausstellung und Veranstaltungen in Erlangen sind ein Projekt von:
gruppo diffuso – Verein zur Förderung alternativer Medien e.V.